Faktencheck Bundesteilhabegesetz (BTHG-KabE)

Faktencheck Einkommensanrechnung

Vergleich von Nettoeinkommen nach Beruf: Bürokauffrau/mann (Brutto 2.200 €): - ohne Behinderung: 1.565 € - geltendes Recht: 1.565 € - BTHG (bis 31.12.2019): 1.565 € - BTHG (ab 1.1.2020): 1.565 € Jurist/in (Brutto 4.416 €): - ohne Behinderung: 2.680 € - geltendes Recht: 2.466 € - BTHG (bis 31.12.2019): 2.518 € - BTHG (ab 1.1.2020): 2.220 € Informatiker/in (Brutto 5.333 €): - ohne Behinderung: 3.123 € - geltendes Recht: 2.820 € - BTHG (bis 31.12.2019): 2.872 € - BTHG (ab 1.1.2020): 2.443 €

Zitat aus dem Referentenentwurf zum BTHG

„In einer zweiten Stufe, die zum 1. Januar 2020 in Kraft tritt, wird das derzeitige, dem Fürsorgegedanken verpflichtete Anrechnungsverfahren durch ein Eigenbeitragsverfahren ersetzt. Oberhalb eines Freibetrages sollen die leistungsberechtigten Menschen mit Behinderungen mit ihrem Einkommen zu den Aufwendungen der Eingliederungshilfe beitragen. Dabei kann die weit überwiegende Zahl der Betroffenen künftig deutlich mehr von ihren Einkünften behalten als nach dem derzeit geltenden Recht.“ (S. 4)

Die Fakten

Die Grafik zeigt das verbleibende Nettoeinkommen für drei Berufsgruppen. Berufe, die viel Kopfarbeit erfordern (wie bei diesen drei Berufsgruppen), sind typische Berufe für Menschen mit Behinderung, da sie häufig keine oder nur leichte körperlichen Tätigkeiten ausführen können. Der jeweils graue Balken zeigt das Nettoeinkommen, welches einem nicht behinderten Kollegen zur Verfügung stehen würde. Der blaue Balken zeigt das Nettoeinkommen, welches einem behinderten Kollegen mit Assistenzbedarf nach heutigem Recht zur Verfügung steht. Dabei wird hier der Wert angegeben, der nach geltendem Recht möglich ist. Gerechnet wurde mit einer Pflegestufe III und einem verringerten Anrechnungssatz (20% des den Grundbetrag überschreitenden Einkommens anstatt 40%). Dieser verringerte Anrechnungssatz kann vom Sozialhilfeträger als Ermessensspielraum bei besonderer Härte gewährt werden. Um den verringerten Anrechnungssatz zugesprochen zu bekommen, bedarf es teils jahrelanger Auseinandersetzungen mit dem Kostenträger. Der orangene Balken zeigt das zur Verfügung stehende Nettoeinkommen gemäß der Übergangsregelung zum BTHG (1. Stufe), die bereits zum 1.1.2017 in Kraft tritt und zum 31.12.2019 endet. In dieser Phase kommt es zu Einkommensverbesserungen aufgrund eines zusätzlichen Einkommensfreibetrags (vgl. § 82 Abs. 3a SGB XII-neu). Der rote Balken zeigt das zur Verfügung stehende Nettoeinkommen nach den neuen Regelungen im Bundesteilhabegesetz ab dem 1.1.2020 (2. Stufe). Erwerbstätige Menschen mit Assistenzbedarf müssen dann einen Kostenbeitrag in Höhe von 24% des übersteigenden Bruttojahreseinkommens leisten. Wer jedoch bereits (Erwerbsminderungs-) Rentner ist und somit kein Einkommen aus selbständiger oder abhängiger Beschäftigung erzielt, der erfährt sogar eine doppelte Anrechnung seiner Rente, wenn er neben der Eingliederungshilfe auch Hilfe zur Pflege erhält. Zu dem Kostenbeitrag in Höhe von 24% des übersteigenden Bruttojahreseinkommens addieren sich dann nochmals monatlich 50% des Kostenbeitrags nach geltendem Recht.

Die Grafik zeigt, dass bei geringem Einkommen sowohl vor Einführung des Bundesteilhabegesetzes als auch nach Einführung in der Realität kein Kostenbeitrag erhoben wird. Bei mittleren und höheren Einkommensgruppen kommt es zunächst zu Einkommensverbesserungen während der 1. Stufe der Reform, die jedoch mit der 2. Stufe ab 2020 nicht nur aufgehoben, sondern sogar ins Gegenteil verdreht werden. Der Kostenbeitrag steigt um mehr als das Doppelte im Vergleich zum geltenden Recht.

Stand: 10.07.2016

Faktencheck Einkommensanrechung