Annett Melzer

Annett Melzer (Geb. 1969) , Wohnort Halle (Saale)

Annett Melzer (Geb. 1969) , Wohnort Halle (Saale)

Gelernte Wirtschaftskauffrau und Finanzbuchhalterin
Beraterin zum Persönlichen Budget
Ausbildung zur Gebärdendolmetscherin absolviert ohne Prüfung

Seit Geburt an einer seltenen genetischen und progressiv verlaufenden Wirbelsäulenmiß- und fehlbildung (Klippel-Feil-Syndrom) erkrankt (GdB 100%).

Folgen der Behinderung

Ich bin auf eine künstliche Unterdruckbeatmung mindestens 12-14 Stunden des Tages und einen Elektrorollstuhl angewiesen und benötige in allen Bereichen des täglichen Lebens (Behandlungs- und Körperpflege, Hauswirtschaft, Begleitung im Alltag, in der Freizeit und im Ehrenamt) rund um die Uhr Unterstützung (24-Assistenz).

Folgen der Assistenz

Assistenz Ich bin gelernte Wirtschaftskauffrau und erwerbsunfähig (Rentnerin), abhängig von Sozialhilfeleistungen. Ich beziehe Grundsicherung. Die Leistungen der Hilfe zur Pflege, Behandlungspflege und Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, zur Sicherstellung meiner Assistenz, musste ich mir 2007 vor Gericht mit einer einstweiligen Verfügung erstreiten. Meinen Rechtsstreit führe ich jetzt (2015) vor dem Landessozialgericht, wo die Stundenlöhne und Zuschläge meiner AssistentInnen strittig sind. Der notwendige 24-Stunden-Bedarf ist kein Streitthema. Meine einstweilige Verfügung aus dem Jahr 2007 ist heute noch Bestand meiner Assistenzleistungen.
Leben vor der Assistenz Mein gesamtes bisheriges Leben führte und führe ich außerhalb jeglicher stationärer Einrichtungen in einer eigenen rollstuhlgerechten Wohnung. Bis zum Jahr 2007 sicherte ich meine notwendige Pflege und Assistenz mit einem Pflegedienst, Freunden und Bekannten ab. Meine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft war nur sehr eingeschränkt möglich. Ein Privatleben und eine ungestörte Intimsphäre waren nicht möglich.
Leben mit Assistenz Seit dem 1.1.2008 lebe ich ein zweites Leben mit einer persönlichen Rund-um-die-Uhr-Assistenz 24 Stunden am Tag, ein selbstbestimmtes Leben. Ich nehme am Leben in der Gesellschaft teil, bin ehrenamtlich sehr aktiv, habe viele neue und sehr interessante Leute kennen gelernt und Freundschaften geschlossen. Neuen Hobbys kann ich nachgehen. Ich lebe endlich ein ganz normales Leben, wie es für jeden „anderen Bürger“ in Deutschland völlig „normal“ ist. Ich arbeite ehrenamtlich und berate andere Menschen mit Behinderung zum persönlichen Budget und zur persönlichen Assistenz. Ich habe den Selbsthilfeverein KLIFS e.V. gegründet, den ich leite. Ebenso habe ich vor gut drei Jahren die erste Rollstuhltanzgruppe in Halle initiiert und aufgebaut im Verein Taktgefuehl e.V., die ich ebenso leite.
Ehe und Familie Behinderungsbedingt bin ich auf Leistungen der Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfe (SGB XII) angewiesen mit deren Einkommens- und Vermögensabhängigkeit. Wenn ich mich auf eine Partnerschaft einlassen würde, könnte ich nie ohne finanzielle Einbußen mit einem Lebenspartner in eine gemeinsame Wohnung ziehen. Wenn ich das täte, müsste mein Lebenspartner sich finanziell an meiner Pflege beteiligen.
Das macht die Gründung einer Familie und eine Altersvorsorge unmöglich.

Fallbeispiel Annett Melzer