Die Bedarfsdeckung auf Assistenz angewiesener Menschen ist existenziell. Der Bedarf besteht i.d.R. aus weit mehr als nur der Pflege, auf die der Bedarf häufig reduziert wird. Darüber hinaus ergeben sich Bedarfe in den Bereichen Hauswirtschaft, Arbeit und Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Arbeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass ein berufstätiger Mensch mit Behinderung Arbeitsassistenz zur Ausübung seiner Tätigkeit benötigen kann. Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft umfasst z.B. den Bereich Freizeit (Besuch kultureller Veranstaltungen etc.) und ehrenamtliches und politisches Engagement. Die Aufzählung kann an dieser Stelle auch nicht abschließend sein, da die Bedarfe so unterschiedlich wie die Menschen sind, die diese haben.
Entscheidend bei der Bedarfsfeststellung ist, dass kein Mensch bestimmte Bedarfe zu strikt festgelegten Zeiten hat und dass Bedarfe nicht zusammenhängend am Stück anfallen. Das bedeutet, dass Assistentinnen und Assistenten ihre Arbeit verteilt über den Tag leisten und zwischendrin Wartezeiten anfallen. Auch diese Wartezeiten gehören zum Bedarf des Menschen, der auf Assistenz angewiesen ist, und müssen entsprechend vergütet werden.
Die Bedarfsermittlung und -deckung bei freier Wahl der Wohnform und des Wohnorts bleibt somit auch in Zeiten der UN-Behindertenrechtskonvention Hauptstreitpunkt der Menschen mit Assistenzbedarf mit den zuständigen Leistungsträgern. Dabei ergibt sich bereits aus den gesetzlichen Regelungen des SGB XII, dass Leistungen der Persönlichen Assistenz bedarfsdeckend zu erbringen sind:
Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.
Diese Streitigkeiten enden nicht selten vor den Sozialgerichten. Erst dort erhalten die Betroffenen aufgrund des juristischen Grundsatzes „lex posterior derogat legi priori“ meist ihr Recht.
Die Abschreckung Leistungsberechtigter durch langwierige, belastende und teure Prozesse hat System. Jeder Leistungsberechtigte, der schlussendlich keinen Antrag stellt oder seinen Bedarf nicht vollständig gedeckt bekommt, erspart den Leistungsträgern sehr viel Geld.
Bedarfsermittlung und Bedarfsdeckung