Bedarfsdeckung

Sanktionierung von Kostenträgern bei Antragsverschleppung

Einleitung

Foto zeigt Richter-Hammer (© pixabay)Die Notwendigkeit einer Assistenz tritt oftmals unvermittelt und mit unaufschiebbarer Dringlichkeit auf (z.B. nach einem Unfall oder bei Verschlechterung des Gesundheitszustands). Menschen mit Assistenzbedarf sind dann auf sofortige Hilfe zuständiger Kostenträger, wie z.B. Träger der Sozialhilfe, angewiesen. In der Realität sehen sich jedoch Menschen mit Assistenzbedarf oftmals konfrontiert mit einer gezielten Antragsverschleppung, vor allem bei trägerübergreifenden persönlichen Budgets unter Beteiligung von Sozialhilfeträgern und bei hohem Assistenzbedarf. Gerade bei trägerübergreifenden persönlichen Budgets führt die Verweigerung der Kostenübernahme durch einen Kostenträger häufig zu einer mehrmonatigen, manchmal auch über ein Jahr währenden Bearbeitung, an deren Ende nicht selten ein ablehnender oder nicht den vollständigen Bedarf deckender Bescheid steht. Dem Menschen mit Assistenzbedarf stehen indes kaum Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung, um das Verfahren zu beschleunigen. Dabei handelt es sich um einen systemischen Fehler in der Sozialgesetzgebung, der im Kontext eines Bundesteilhabegesetzes zu beseitigen ist.

Sanktionsmöglichkeiten aus vergleichbaren Rechtsgebieten

Der § 13 SGB V (Gesetzliche Krankenversicherung) normiert u.a.:

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. […]

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden.

Die Regelungen des § 13 SGB V sind ein positives Beispiel dafür, wie Sanktionsmöglichkeiten in einem künftigen Bundesteilhabegesetz gefasst werden können. Allerdings können diese nicht 1:1 auf die einleitend beschriebene Problematik bei Menschen mit Assistenzbedarf übertragen werden. Monatliche 5-stellige Assistenzkosten sind bei einer 24-Stunden-Assistenz nicht selten. Daher ist es faktisch unmöglich, dass ein Mensch mit Assistenzbedarf in Vorkasse geht. Doch wenn keine Kosten entstanden sind, können auch keine Kosten geltend gemacht werden. Die Regelung würde bei Menschen mit Assistenzbedarf ihre Wirkung nicht entfalten können.

Erforderliche Sanktionsmöglichkeiten für Menschen mit Assistenzbedarf

Meist verantworten nicht einzelne Sachbearbeiter eine Antragsverschleppung, sondern die Antragsverschleppung ist systemisch bedingt (Weigerung eines einzelnen Kostenträgers). Die Schaffung neuer Sanktionsmöglichkeiten, die sich allein gegen einzelne Sacharbeiter richten, erscheint daher nicht zielführend. Vielmehr muss ein System etabliert werden, das unterschiedliche Kostenträger zur Zusammenarbeit zwingt. Hierbei sind finanzielle Repressalien gegen Leistungsverweigerer vorzusehen.

Menschen mit Assistenzbedarf müssen bei einem einzigen Kostenträger ihrer Wahl einen Antrag auf Assistenz stellen können (z.B. Integrationsamt). Der auserwählte Kostenträger verantwortet die Koordination der notwendigen Hilfen mit anderen Kostenträgern, erlässt spätestens nach vier Wochen einen Bescheid und beginnt mit der Auszahlung der erforderlichen Hilfen mit dem Tag des Bescheiderlasses.

Bei Verweigerung der Kostenübernahme durch einen beteiligten Kostenträger wird sofort der 2-fache vom koordinierenden Kostenträger berechnete Kostenbeitrag vom verweigernden Kostenträger fällig, bis zu einer abschließenden Klärung. Ergibt die abschließende Klärung, dass die Verweigerung der Kostenübernahme unbegründet war, behält der koordinierende Leistungsträger 50% des berechneten Kostenbeitrags ein. Die verbleibenden 50% fließen in einen Fond zur Förderung von Beratungsstrukturen für Menschen mit Assistenzbedarf. War die Verweigerung begründet, erstattet der koordinierende Kostenträger den 2-fachen berechneten Kostenbeitrag zurück.

 Sanktionierung von Kostenträgern