Gerichtsurteile zum Thema Assistenz

Bild Assistenz-Recht (© pixabay): Zeigt zwei Rollstuhl-Logos, zwei Paragraphen und eine Waage.Auf dieser Seite veröffentlichen wir positive Entscheidungen von Gerichten zum Thema Assistenz.

Gerichte Kurzfassung Links
SG Berlin

AZ: S 89 KR 1954/11

In diesem Fall wurde entschieden, dass ein Versicherter (Assistenznehmer) Anspruch auf häusliche Krankenpflege (Behandlungspflege) hat, wenn aufgrund seiner Erkrankung unvorhersehbare jederzeit lebensbedrohliche Situation auftreten.
Es war strittig, ob die Beklagte Krankenkasse die häusliche Krankenpflege des Klägers in Form der speziellen Krankenbeobachtung täglich für 24 Stunden zu erbringen hat.
Nicht erst bei täglich auftretenden lebensbedrohlichen Situationen entfällt ohne die Pflege der Behandlungserfolg. Dies ist vielmehr schon dann der Fall, wenn solche Situationen aufgrund der Grunderkrankung unvorhersehbar jederzeit auftreten können. Ist dann keine Pflegeperson zur Stelle, die die geeigneten situationsangemessenen Einzelmaßnahmen ergreifen kann, droht der Tod des Versicherten. Deshalb entschied das SG Berlin für den Versicherten / Kläger.
Urteil
AG Gießen

AZ: 11 Ca 267/12

Auch wenn grundsätzlich die Arbeitsleistung auch über den Tod des Arbeitgebers hinaus erbracht werden kann, kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Kündigung wirksam sein. Der Tod eines Arbeitgebers kann einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen. Dafür muss das Arbeitsverhältnis allerdings „mit dem Leben des Arbeitgebers stehen und fallen“. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer für die persönliche Pflege des Arbeitgebers verantwortlich war. Dann ist auch eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt, so das Arbeitsgericht Gießen. Urteil
BVerfG Karlsruhe

Az.: 1 BvR 1630/16

Am 12. September 2016 hat die 1. Kammer des Bundesverfassungsgerichts einem Menschen mit Assistenz-Bedarf Recht zugesprochen. Das Gericht sah dessen Grundrecht auf einen wirksamen Rechtsschutz gefährdet.
Das Sozialamt wollte die gestiegenen Kosten für die Assistenzkräfte, die im Rahmen des sog. Arbeitgebermodells beschäftigt sind, nicht mehr übernehmen. Bis zur endgültigen Klärung der inhaltlichen Frage wäre dem Betroffenen das Geld ausgegangen, er hätte Privatinsolvenz anmelden müssen und er hätte ohne notwendige Unterstützung dagestanden. Damit der Sachverhalt ohne Zeitdruck abschließend geklärt werden kann, gab das Bundesverfassungsgericht dem Mann Recht und verwies den Rechtsstreit zurück an die zuständigen Sozialgerichte.
Urteil
SG Mannheim

Az.: S 8 SO 653/13

Bezüglich des Einkommenseinsatzes bei Menschen mit Pflegestufe 3 erging am 03.11.2016 ein richtungweisendes Urteil am Sozialgericht Mannheim.
Im Grundsatz geht es um folgenden Sachverhalt: In der Praxis werden, ausgehend von der 60%-Schonung bei Menschen mit Pflegestufe 3 (vgl. § 87 Abs. 1 SGB XII), weitere prozentuale Freilassungen z.B. aufgrund der Dauer und Schwere der Behinderung hinzuaddiert.
Die Addition der Freibeträge führt z.T. zu einer vollständigen Schonung des eigenen Einkommens, wie das Urteil des Sozialgerichts Mannheim zeigt. Darin stellt das Gericht fest, dass zusätzlich zum Grundfreibetrag in Höhe von 60 vom Hundert des Einkommens weitere 10 vom Hundert aufgrund der Familienverhältnisse und 30 vom Hundert aufgrund der Dauer des Hilfebedarfs zu berücksichtigen sind, mit dem Ergebnis, dass der Kläger aus seinem Einkommen keinen Eigenbeitrag mehr leisten muss. Das Urteil ist rechtskräftig.
Urteil
SG Mainz

Az.: S 16 SO 148/14 ER

Der 27-jährige Antragsteller hat es nach langem Bemühen geschafft, eine stationäre Einrichtung und eine Werkstatt für Behinderte zu verlassen und sich mit Hilfe des Arbeitgebermodells ein selbstbestimmtes Leben aufzubauen. Allerdings wurde die Pflegeassistenz von den zuständigen Sozialämtern unterfinanziert. Die Entscheidung stärkt die Position von Menschen mit hohem Assistenzbedarf, die sich nicht gefallen lassen müssen, dass Sozialämter versuchen sie durch Unterfinanzierung ihrer Assistenz quasi auszuhungern.
Im Eilverfahren setzte der Antragsteller auch einen pauschalen Betrag von 1800 EUR/Monat für ein umfassendes Case-Management durch, das ihm erst ermöglicht, das Arbeitgebermodell umzusetzen. Die Bewilligung der Gelder auch für das Casemanagement macht deutlich, dass das Arbeitgebermodell auch für Menschen in Betracht kommt, die nicht von vornherein einen kleinen Betrieb, wie es das Arbeitgebermodell ist, selbst führen können. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig.
Urteil
SG München

Az.: S 32 SO 51/11

Erstattung der Kosten für Assistenz im Krankenhaus bei KundInnen von Assistenzdiensten. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, während eines stationären Aufenthalts der Antragstellerin in der S.-Klinik, die Kosten für eine Pflegeassistenzkraft des ambulanten Pflegedienstes „intensiv Leben zu Hause“ für fünf Tage zu je 24 Stunden bei einem Stundensatz von 15,70 EUR je Stunde zu übernehmen. Urteil

 LSG Nordrhein-Westfalen

Az.: L 20 SO 82/07

Übernahme der Kosten für ein AssistentInnenzimmer im Rahmen der Hilfe zur Pflege. In einem Urteil hat das Sozialgericht Köln den Sozialhilfeträger dazu verurteilt, die anteiligen Kosten für das der jeweiligen Pflegeperson zur Verfügung gestellte Zimmer zu übernehmen. Urteil
 LSG Sachsen

Az.: L 8 SO 132/13

Sozialhilfeträger muss Schwerstbehindertem Dauerassistenz für Leben in eigener Wohnung vorerst bezahlen.
Das LSG Chemnitz hat in einem Eilverfahren entschieden, dass der Kommunale Sozialverband Sachsen (KSV) als überörtlicher Sozialhilfeträger einem Schwerstbehinderten eine Dauerassistenz bezahlen muss, die dieser für das Leben in einer eigenen Wohnung benötigt.
 Urteil
Verwaltungsgericht Berlin

Az.: 14 K 85.14

Schulplätze für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf dürfen nicht per Losverfahren vergeben werden.  Urteil

Bundessozialgericht (BSG)

Az.: B 8 SO 9/10 R

Sozialhilfeträger müssen behinderten Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen und ihnen hierfür notwendige Kosten grundsätzlich erstatten. Pflegen Behinderte dabei auch weiter entfernte soziale Kontakte, dürfen die Behörden diese nicht pauschal auf monatlich vier Fahrten beschränken, heißt es in einem am 02.02.2012 bekanntgegebenen rechtlichen Hinweis des Bundessozialgerichts (BSG)  Urteil

SG Düsseldorf

Az.: S 22 SO 319/13 ER

Mit diesem Urteil wir der Sozialhilfeträger im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig, die Kosten zur Sicherung der ambulanten Pflege sowie der Eingliederungshilfe zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben auf Grundlage der beantragten Kosten in Höhe von 10.499,50 Euro, bei einem Umfang von 24 Stunden täglich, als persönliches Budget zu bewilligen. Das Gericht beründete seine Entscheidung u.a. damit, dass der Begriff der Zumutbarkeit in § 13 SGB XII als unbestimmter Rechtsbegriff jedenfalls seit 2009 im Licht der von der UN-Generalversammlung verabschiedeten Behindertenrechtskonvention zu sehen sein und verwies in diesem Zuge auf Art. 19 der UN-BRK. Urteil

BAG Erfurt

Az.: 5 AZR 1101/12

Das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV ist nicht nur für Vollarbeit, sondern auch für Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst zu zahlen. Nach diesem Leitsatz hat das Bundesarbeitsgericht Erfurt für einem in der Pflegebranche beschäftigten Kläger entschieden. Begründet wurde dieser Anspruch u.a. damit, „Das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV ist „je Stunde“ festgelegt.“, und eine Unterscheidung zwischen Vollarbeit und Arbeitsbereitschaft, sowiie Bereitschaftsdienst besteht nicht. Urteil

SG Fulda

Az.: S 7 SO 55/15 ER

Ein behindertes Kind hat Anspruch auf eine persönliche Assistenz beim Essen im Kinderarten, wenn ihm dies die Teilnahme an gemeinschaftlichen Mahlzeiten ermöglicht. Das hat das Sozialgericht (SG) Fulda in einem am Dienstag, 9. Februar 2016, bekanntgegebenen Eilbeschluss entschieden. Der Besuch eines Kindergartens sei ein wesentlicher Beitrag zur frühkindlichen Entwicklung, erklärte das Sozialgericht zur Begründung. Die Teilnahme an gemeinsamen Mahlzeiten gehöre zur Integration in die Gemeinschaft der Kinder, sei hier aber ohne Assistenz nicht möglich. Die Erzieherinnen des Kindergartens könnten diese intensive Betreuung und hohe Verantwortung nicht dauerhaft übernehmen.
Das von der Pflegekasse gezahlte Pflegegeld müsse die Mutter nicht für die Assistenz im Kindergarten verwenden. Nur reguläre Sozialhilfeleistungen seien nachrangig gegenüber den Leistungen der Pflegekassen. Für Leistungen der Eingliederungshilfe gelte dies aber nicht, heißt es abschließend in dem Beschluss vom 28. Januar 2016.
Urteil

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