Faktencheck Einkommensanrechnung
Zitat aus dem Referentenentwurf zum BTHG
„In einer zweiten Stufe, die zum 1. Januar 2020 in Kraft tritt, wird das derzeitige, dem Fürsorgegedanken verpflichtete Anrechnungsverfahren durch ein Eigenbeitragsverfahren ersetzt. Oberhalb eines Freibetrages sollen die leistungsberechtigten Menschen mit Behinderungen mit ihrem Einkommen zu den Aufwendungen der Eingliederungshilfe beitragen. Dabei kann die weit überwiegende Zahl der Betroffenen künftig deutlich mehr von ihren Einkünften behalten als nach dem derzeit geltenden Recht.“ (S. 4)
Die Fakten
Die Grafik zeigt das verbleibende Nettoeinkommen für drei Berufsgruppen. Berufe, die viel Kopfarbeit erfordern (wie bei diesen drei Berufsgruppen), sind typische Berufe für Menschen mit Behinderung, da sie häufig keine oder nur leichte körperlichen Tätigkeiten ausführen können. Der jeweils graue Balken zeigt das Nettoeinkommen, welches einem nicht behinderten Kollegen zur Verfügung stehen würde. Der orangene Balken in der Mitte zeigt das Nettoeinkommen, welches einem behinderten Kollegen mit Assistenzbedarf nach heutigem Recht zur Verfügung steht. Dabei wird hier der Wert angegeben, der nach geltendem Recht möglich ist. Gerechnet wurde mit einer Pflegestufe III und einem verringerten Anrechnungssatz (20% des den Grundbetrag überschreitenden Einkommens anstatt 40%). Dieser verringerte Anrechnungssatz kann vom Sozialhilfeträger als Ermessensspielraum bei besonderer Härte gewährt werden. Um den verringerten Anrechnungssatz zugesprochen zu bekommen, bedarf es teils jahrelanger Auseinandersetzungen mit dem Kostenträger. Der rote Balken zeigt das zur Verfügung stehende Nettoeinkommen nach den neuen Regelungen im Bundesteilhabegesetz. Da Menschen mit Assistenzbedarf i.d.R. auch Hilfe zur Pflege erhalten, kommt es sogar zu einer doppelten Anrechnung des Einkommens (vgl. § 137 BTHG und § 89 Abs. 2 SGB XII-neu): Zu dem Kostenbeitrag in Höhe von 24% des übersteigenden Bruttojahreseinkommens addieren sich nochmals monatlich 50% des Kostenbeitrags nach geltendem Recht.
Die Grafik zeigt, dass bei geringem Einkommen sowohl vor Einführung des Bundesteilhabegesetzes als auch nach Einführung in der Realität kein Kostenbeitrag erhoben wird. Bei mittleren und höheren Einkommensgruppen kommt es jedoch zu einer doppelten Anrechnung des Einkommens im Rahmen der Hilfe zur Pflege sowie im Rahmen der Eingliederungshilfe und schlussendlich zu einer drastischen Verschlechterung. Der Kostenbeitrag wird nahezu verdreifacht.
Stand: 27.05.2016