Der Beteiligungsprozess
Um dem im Koalitionsvertrag vereinbarten Beteiligungsprozess behinderter Menschen und ihrer Verbände Rechnung zu tragen, berief das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) die sog. Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz ein. Die Arbeitsgruppe bestand aus insgesamt 30 Vertreterinnen und Vertreter verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, von Bund, Ländern und Kommunen, der Sozialversicherungsträger und der Sozialpartner, wobei 10 Vertreter vom Deutschen Behindertenrat benannt wurden. Die Arbeitsgruppe tagte im Zeitraum Juli 2014 bis April 2015 in insgesamt neun Sitzungen. Der gesamte Beteiligungsprozess wurde vom BMAS dokumentiert und veröffentlicht: zur Dokumentation
Das Netzwerk für Inklusion, Teilhabe, Selbstbestimmung und Assistenz war nicht unmittelbar an den Beratungen beteiligt. Das Netzwerk hat sich aber zu ausgewählten Themenbereichen mit Stellungnahmen regelmäßig an die Arbeitsgruppe gewandt.
- Kontaktaufnahme und Vorstellung NITSA e.V. am 19.11.2014
- Fallbeispiele zur Assistenz und Einkommens- und Vermögensanrechnung
- Stellungnahme vom 03.01.2015
- Soziale Teilhabe einschließlich Assistenzleistungen
- Bedürftigkeitsab- bzw. -unabhängigkeit von Fachleistungen
- Stellungnahme vom 19.02.2015
- Einkommens- und Vermögensunabhängigkeit der ergänzenden Hilfe zur Pflege gem. SGB XII
- Stellungnahme vom 18.03.2015
- Schnittstelle Eingliederungshilfe zu ergänzender Hilfe zur Pflege gem. SGB XII
- (Krankenhaus-)Assistenzpflege
Am 14.07.2015 veröffentlichte das BMAS den Abschlussbericht der Arbeitsgruppe. Der aus zwei Teilen bestehende Abschlussbericht umfasst mehr als 900 Seiten.
Rückblickend ist festzustellen, dass in dem breit angelegten Beteiligungsprozess zwar Menschen mit Behinderung gehört, aber nicht als Gesprächspartner auf gleicher Augenhöhe ernst genommen wurden. Schnell wurde deutlich, dass der Gesetzgeber nicht gewillt ist, den Forderungen der Menschen mit Behinderung zu folgen, und dies trotz klarer Vorgaben durch die UN-Behindertenrechtskonvention. Wie der Abschlussbericht zeigt, gab es bei den entscheidenden Themen keinen Konsens: Länder und Kommunen stemmten sich mit aller Macht gegen einkommens- und vermögensunabhängige Assistenzleistungen, bestanden weiterhin auf den Mehrkostenvorbehalt und forderten darüber hinaus das sog. Zwangspoolen von Assistenzleistungen. Zwangspoolen ist ein weiteres Instrumentarium zur Kosteneinsparung, bei dem Menschen mit Behinderung gezwungen werden, Assistenzleistungen gemeinschaftlich mit anderen in Anspruch zu nehmen. Damit werden heimartige Prinzipien und Strukturen auch auf den ambulanten Sektor übertragen.